Donnerstag, 4. Mai 2017

Uralte Vorlagen

Hatte ich nicht beschlossen, öfter zu bloggen? Leider wird daraus bislang nicht viel. Ich blogge nur länger. Dieses hier wird wieder ein langer Eintrag.

Ich war über Ostern zwei Wochen auf Gran Canaria. Es ist nicht die schönste der Kanareninseln, jedenfalls meiner Meinung nach (La Palma und vor allem La Gomera sind schöner), aber wir haben ein paar wunderbare Wanderungen machen können und vor allem ist das Meer dort, wo wir wohnten, in Maspalomas, richtig schön frisch und angenehm. Kleine Ferienanekdote: Nun gehöre ich (denke ich jedenfalls) nicht zu den Leuten, die in jedem Urlaubsort zwanghaft irgendwelchen Talmi kaufen müssen, aber wenn ich schöne Sachen ausliegen sehe, riskiere ich schon mal einen Blick. In diesem Fall waren es die Souvenirbuden im Landesinneren (Nähe Tejeda), die mein Interesse weckten; ich sah dort schon von weitem bunte Wollsachen hängen. Ich ging also hin, um mir näher anzusehen, was es dort gab. Das hätte ich besser bleiben lassen. Um es kurz zu machen, ich wurde sofort angesprochen, lehnte die quietschbunt gewebten Jacken ab (mit Verweis auf mein reifes Alter) und wurde in den Hintergrund der Bude bugsiert, wo ich eine Zopfmusterjacke aus reiner Wolle (!) mit sauber eingenähtem Reißverschluss (!) für 4 Euro (!!!) angeboten bekam. Ich habe keine andere Erwiderung gefunden als einen empörten Aufschrei. Was der Inhaber der Bude wohl so deutete, dass mir vier Euro zu teuer sei; er erklärte mir wortreich, dass das original grancanarische Muster seien und seine Familie hätte das Teil gestrickt. Mir fehlten einfach die Worte. Ich bin davongerannt. Später habe ich ergoogelt, dass die Stricksachen, die auf Gran Canaria angeboten werden, zum Großteil aus Marokko stammen.

Aber ich habe selbst gestrickt auf Gran Canaria. Ich habe mir eine Tunika aus Bambusgarn gestrickt. Die Vorlage stammt aus einem Stricktrends-Heft von 2006. Aus dieser Zeit besitze ich zwei Stricktrends-Sommerhefte, in denen eine solche Fülle schöner Vorlagen drin ist, dass ich danach praktisch kein Sommerheft mehr gebraucht hätte.

Diese Tunika vereint zwei Vorlagen. Das Muster stammt von einem Shirt, der Schnitt (und das Muster der Ärmel) von einer Seidentunika.



Das Bambusgarn ist recht schwer und hängt sich mächtig aus, daher der Zipfeleffekt an den Seiten (im Schnitt sind das einfach gerade Teile). Ich trage zur Zeit, wenn es warm ist, sehr gern diese knielangen Kleider mit Spaghettiträgern und habe davon zwei in diesem hellen Zimtton. Dazu passt die Tunika sehr gut.

Nachdem ich dieses Teil fertig gestrickt hatte, ging es sofort mit diesem weiter:



Inzwischen habe ich (vor allem aus mehreren Tauschaktionen) einen Vorrat an dem schönen Leinengarn von LitYarn angesammelt und war gespannt, wie sich dieses Garn strickt. Es hat Lacestärke und ich habe Nadeln Nr. 3,5 genommen, was ein sehr lockeres Gestrick ergibt. Das wärmt natürlich nicht und ist auch nicht blickdicht, es ergibt eher so eine Art Überwurf für heißes Wetter. Mein erstes Stück aus diesem Leinengarn ist also dieses Top; das Muster habe ich ebenfalls aus dem oben genannten Stricktrends-Heft entnommen. Dort sind eigentlich lange Ärmel vorgesehen, aber die habe ich weggelassen. Das Top hab 160 Gramm verbraucht, in der gleichen Farbe sind noch 260 Gramm übrig. Ich werde vielleicht noch ein passendes Bolerojäckchen dazu stricken. Das Garn ist natürlich völlig unelastisch, zwar farblich sehr schön und auch gut verstrickbar, aber als Kleidung wirklich eher Zierde als funktional. Für extreme Temperaturen halt (ich erinnere mich noch gut, wie mir in Katalonien der Schweiß an den Innenseiten der Oberschenkel runterlief, wenn ich im Rock ging).

Nun nur noch eine Kleinigkeit. Ich habe meinen Kleiderschrank aufgeräumt, jawohl. Ich habe acht Teile aussortiert. Von diesen acht Teilen habe ich danach sechs wieder einsortiert. Zunächst mal war ich sehr erstaunt, wie viele Sachen mir passen, obwohl ich sie seit mindestens fünf Jahren als "nicht mehr passend" an die Seite geschoben habe. Habe ich abgenommen, ohne es zu merken? Anscheinend ja - ich wiege mich nie. Wäre ja fein. Unter den Sachen, die ich seit fünf Jahren und länger nicht mehr getragen habe, war jedenfalls diese selbst genähte Hose:



Sie ist ziemlich weit, ähnlich wie eine Jeans geschnitten (allerdings ohne Hüftsattel, mit zwei Abnähern hinten) und aus einem schweren, samtartigen, aber elastischen Stoff. Ich kann mich kaum erinnern, wann ich diese Hose genäht habe; jedenfalls habe ich zeitgleich noch eine andere Hose gearbeitet aus hell gemustertem Kordsamt, und diese letztere habe ich bei der Erstkommunion meiner jüngeren Tochter getragen. Das müsste 2001 oder 2002 gewesen sein. So alt ist diese Hose also ungefähr. Sie passt nach wie vor gut; zwischendurch hat sie mal nicht mehr gepasst, aber jetzt halt wieder (im Moment sitzt sie sogar ziemlich locker). Nur dieses wilde Muster, oje! Rot geht nicht dazu (es sei denn das genau gleiche Rot, aber das wäre klar zuviel Rot), Blau oder Lila überhaupt nicht und an Grün höchstens ein dunkles Oliv, was ich nie trage. Damals habe ich mir wohl vorgestellt, die Hose mit schwarzen Oberteilen zu kombinieren, aber die Anzahl meiner schwarzen Oberteile hält sich derzeit in engen Grenzen - ich habe eigentlich nur eine schwarze Tunika mit Stickerei, die Stickerei ist vorwiegend blau, das passt also schon mal nicht; und ansonsten Beerdigungsklamotten, die ich normal nie trage. Ich bin zu alt, um mich freiwillig schwarz zu kleiden. Die einzige Lösung, die Hose noch tragbar zu machen, war eine Überfärbung.



Schon klar, das ist noch mehr Schwarz als zuvor. Aber es passt jetzt zu Rot, Blau, Pink und allem anderen, was ich so im Schrank habe. Das Muster ist noch schwach erkennbar; insgesamt wirkt die Hose eher schwarzbraun als richtig schwarz, aber ich bin jedenfalls zufrieden mit dem Effekt. Die Farbe ist übrigens vom Simplicol, gefärbt habe ich der Waschmaschine und zwar unmittelbar bevor ich eine Ladung ohnehin schwarzer Klamotten zu waschen hatte (Herr Schmollfisch trägt nur schwarze Jeans) - das erspart die Reinigung der Maschine. Das Teil ist wieder tragbar. Ich kaufe nur noch sehr wenig Kleidung und halte nichts davon, gut erhaltene Sachen wegzuschmeißen.

Demnächst mehr. Ich brenne zur Zeit auf halber Flamme wegen einer zahnärztlichen Op, an die sich eine scheußliche Nebenhöhleninfektion angeschlossen hat; ich habe mich sogar gestern mit Fieber ins Bett legen müssen, was mir seit Jahren nicht passiert ist. Aber jetzt fühlt es sich an, als ginge es wieder bergauf.

Sonntag, 26. März 2017

Tausendmal probiert ...

Manchmal kaufe ich im Überschwang des Augenblicks Wolle, ohne richtig nachgedacht zu haben, ob ich damit überhaupt was anfangen kann - damit meine ich nicht Wolle in (für mich) ungewöhnlichen Farben oder Stärken, sondern einfach Wolle, die keine Strickerin braucht. Über meine in Chinchero, Peru abgegriffene Alpaca schrieb ich schon hier und ein zweites Mal (mit schon ziemlich verzweifeltem Unterton) hier. Die Wolle war zum Weben bestimmt, total überdrallt und schlicht nicht strickbar. Zwei Durchläufe auf dem Spinnrad nahmen den schlimmsten Drall heraus, aber das Garn ist immer noch sehr ungleichmäßig, mal komplett entdrallt und entsprechend locker und fluffig, mal stramm gedreht und so fest wie Bindfaden. Ich habe es trotzdem verstrickt. Hurra! Ich habe es verstrickt!

Als Mustervorlage habe ich einen Pulli aus einen Nicole-Heft von 1985 genommen, den ich ungefähr zu dieser Zeit schon mal in Schwarz und Rot nachgestrickt habe, in der damals üblichen viereckigen Sackform. Ich habe ihn sehr oft und lange getragen; warum er jetzt nicht mehr da ist, weiß ich nicht, velleicht Mottenbefall? Normalerweise hebe ich meine handgestrickten Pullis auf, auch wenn ich sie nicht mehr trage. Wie auch immer, die Neuauflage hat zunächst ganz gut funktioniert und das war die fertige Weste:



Das zweifarbige Rippenbündchen unten habe ich nachträglich angestrickt, weil ich zu Beginn der Strickarbeit für den Saum noch keinen Plan hatte. Es sieht ganz nett aus, aber die Abkettreihe war einen Tacken zu stramm (auch wenn es auf dem Bild nicht so wirkt). Versuche mit elastischem Abketten sowie Abketten mit doppeltem Faden brachten keine Verbesserung. Ich habe die Weste ein paar Tage getragen und mir dann überlegt, dass das Bündchen weg muss.

Wie man auf dem Foto sehen kann, hat das dynamische Muster ein starkes Eigenleben und zipfelt in verschiedene Richtungen. Ich habe die Weste also erstmal gründlich ausgespült und zum Trocknen ausgelegt. Dabei fiel mir auf, dass sich die Seiten - wohl musterbedingt - stark nach unten ziehen ließen, und ich kam auf die Idee, seitliche Zipfel anzustricken. Das ergibt einen welligen Rand und ich habe automatisch genügend Bewegungsweite.

Also erstmal das Bündchen weg, alle Maschen unten wieder aufgenommen und dann wie geplant Zipfel angestrickt. Abgekettet habe ich dann ganz normal nach zwei Krausrippen als Abschluss.



Meine "Brienne von Tarth" ist etwas schlanker als ich, vor allem habe ich mehr Oberweite - leider hat auch mich das Schicksal vieler Frauen in der Wechselzeit erwischt, die Oberweite macht locker eine Größe mehr aus als die Hüftweite. An mir selbst sitzt die Weste samt dem darunterliegenden Kleid obenrum besser als an der Puppe. Das Kleid endet übrigens vorne etwas über und hinten etwas unter dem Knie - das nur zur besseren Vorstellung.

Die Weste ist superwarm und ganz angenehm zu tragen, aber in Zukunft werde ich doch etwas besser hinsehen, ehe ich solche Souvenir-Wolle kaufe. Die Wolle stand gar nicht zum Verkauf; es gab nur fertige Webarbeiten in dem Laden und ich habe die Angestellten überredet, mir die beiden Knäuel zu überlassen. Das hätte ich wohl besser bleiben lassen sollen. Aber so ist doch noch etwas Nettes draus geworden.

Samstag, 11. März 2017

Mützen in Serie

Ich habe jahrelang Mützen abgelehnt, weil ich so kurze Haare hatte, dass jede Mütze aussah wie ein Chemocap. Erst seit meine Frisur so lang geworden ist, dass wenigstens ein paar Strähnen aus der Mütze herausschauen, habe ich Geschmack am Mützenstricken gefunden. Mir stehen eigentlich nur die Tellermützen, die man auch Tam, Beret oder Baskenmütze nennt. Davon habe ich nun eine ganze Reihe gestrickt, immer in der Tellermützenform, obwohl von all den Mützen eigentlich keine einzige für mich selbst bestimmt ist. Na gut, außer einer einzigen. Die zeige ich gleich vorab:



Das Garn für diese Mütze wurde ausschließlich mit der Handspindel gesponnen, und zwar zum Großteil im Urlaub. Ich benutze die Handspindel kaum noch, eigentlich nur, wenn wir mit dem Wohnmobil unterwegs sind. Trotzdem kommt im Lauf der Zeit einiges zusammen. Ich habe sogar noch eine Menge von dem Herzchengarn übrig. Die Herzchen sind kleine Holzperlen und gleich auf der Spindel ins Garn eingefügt.
Für diese Mütze gibt es keine Anleitung, ich habe - wie mein früherer Chef zu sagen pflegte - "aus der kalten Lameng" gestrickt.

Die folgenden Mützen dagegen sind nach Anleitung entstanden, und zwar alle nach Designs von Susan Anderson-Freed. Von ihren Handschuhmustern habe ich ja schon viele mit Begeisterung umgesetzt. Nun sind also die Mützen an der Reihe, und es gibt bestimmt noch mehr.



Die Sternchenmütze hat bei Anderson-Freed den Namen "seven point star tam", endet also in einem siebenzackigen Stern. Diese Mütze ist für ein Tauschpaket bestimmt. Ich muss schon sagen, als ich sie selbst aufprobierte, war ich begeistert. Die leuchtenden Farben lassen das ganze Gesicht strahlen.

Auch fürs Tauschpaket ist diese Mütze:



Das Design heißt "six point snowflake medaillon" und zeigt folglich einen sechszackigen Stern. Wie bei allen Mützen von Anderson-Freed wird der Eindruck im wesentlichen durch die Farbwahl bestimmt; vor allem durch die Entscheidung, an welchen Stellen man die Farben wechselt. Bei Ravelry sind Projektseiten zu sehen, von denen man nicht glauben würde, dass sie die gleiche Mütze zeigen, obwohl nur die Farben unterschiedlich sind.

Diese Mütze ist eine Auftragsarbeit:



Das Design heißt "nine-point allover", also ein neunzackiger Stern. Die Mütze ist für eine Freundin, die gern Grautöne und Orange verarbeitet haben wollte. Ich war ein wenig im Zweifel, ob das fertige Stück zu ihr passt, denn das Orange ist doch sehr dominant und meine Freundin hat naturrote Haare. Sie hat mir allerdings geschrieben, dass zu ihren Haaren eigentlich alles passt außer Rosa und Helllila.
Nun gut, die Mütze ist inzwischen bei ihr eingetroffen und sie war begeistert. Anscheinend passt es also doch.

Die letzte Auftragsmütze ist diese:



Für die liebe "Teerose" Martina, die mich schon so oft mit Tauschgeschäften erfreut hat. Ich habe wunderschöne orangefarbene Wolle bekommen, Maschenmarkierer und eine tolle Halskette mit einem Svarovski-Stern in meinen Lieblingsfarben. Ach ja, die Mütze heißt "outlined star tam" und zeigt einen neunzackigen Stern. Susan Anderson-Freed hat alle ihre Mützen aus dem Buch "Nordic Knitting" mit Frauennamen versehen; diese letzte Mütze ist zum Beispiel nach Katey benannt. In ihrem Vorwort schreibt sie, dass sie die Entwürfe zum Großteil während ihrer Chemotherapie entwickelt hat. Die Mützen, Handschuhe, Socken und Beinstulpen, die sie in dem Buch vorstellt, tragen die Namen der Stationsschwestern.

Ich habe nicht herausfinden können, wie es ihr aktuell geht; das jüngste Interview, das ich gefunden habe, ist von 2012, und darin erzählt sie, dass sie seit 2004 wegen Brustkrebs behandelt wird. Ich hoffe, dass sie weiter strickt, entwirft und das Leben genießt. Ihre Designs begeistern mich seit Jahren.

Samstag, 4. Februar 2017

Sekundenschaf

Vor einiger Zeit - ich weiß nicht mehr, ob es im letzten oder vorletzten Jahr war - suchte ein bekannter Verlag unter dem Stichwort "Sekundenschaf" nach Momenten schafsmäßiger Dummheit. Ich kann mich erinnern, dass ich selbst einen Beitrag hingeschickt habe. Es ging um den Gebrauch eines Ebook-Readers. Der hat, wie jeder weiß, ein Display aus irgendwelchem Plexi, jedenfalls aus einem nicht saugfähigen Material. Wenn ich beim Lesen einen Tropfen Kaffee auf das Display kleckere, verfalle ich keineswegs in Panik. Ich weiß ja, dass kein bleibender Schaden entstehen wird, wie es bei einem "richtigen" Buch mit Papierseiten wäre. Ich lasse den Fleck einfach stehen. Auf der nächsten Seite sieht man ihn ohnehin nicht mehr.

Ja, das war ein klassisches Sekundenschaf. Es dauert wirklich nur eine Sekunde. Spätestens wenn ich auf der nächsten Seite angelangt bin und der Fleck ist immer noch da, ist die Sekunde vorbei.

(Ich halte Schafe übrigens keineswegs für dumm. Meiner Ansicht nach ist überhaupt kein Tier dumm, die stellen sich nur so.)

Ein Sekundenschaf, das mehrere Wochen dauerte, hatte ich kürzlich mit meinem Klöppelbrett.



Falls ich diese Arbeit je beende (Betonung auf "falls"), wird es ein Schal oder Loop, jedenfalls länger als das Brett. Damit ich erstmal feste drauflos klöppeln kann, habe ich den Klöppelbrief ganz oben festgesteckt. Was die Handhabung natürlich sehr erschwert. Ich klöppelte im Stehen über das Brett gebeugt, was schon nach fünf Minuten furchtbar ins Kreuz geht. Entsprechend langsam ging es voran. Letzten Sonntag habe ich das Brett auf den Boden gelegt und mich auf das untere Ende gesetzt. Auch nicht wirklch bequem. Ich klöppelte zehn Minuten. Dann war, Gott sei Dank, das wochenlange Sekundenschaf zu Ende und ich erinnerte mich, warum ich mir für einen Haufen Geld ein Schiebekissen gekauft habe.



So kann ich jetzt ganz bequem arbeiten, sogar im Sitzen am Tisch. Und wenn mir jetzt jemand hier drunterschreibt "da warst du aber ganz schön lange ganz schön blöd", kann ich nicht widersprechen. Eine Dame in meiner Klöppelgruppe sagte übrigens dazu: "Man muss halt immer erstmal leiden!"

Das Design für den Schal in Torchonklöppelei stammt übrigens aus diesem Buch:



Die Autorin benutzt zum Klöppeln nicht nur die klassischen Leinen- oder Seidengarne, sondern auch Wollfäden, sogar Effektgarne mit Fransen oder Noppen. Ich möchte zwar gerne Klöppeln lernen, aber keineswegs feine Fensterbilder oder Vorhangspitzen klöppeln, so toll ich diese Sachen finde. Ich möchte Schals und Loops, allenfalls mal ein Börtchen für ein Kleidungsstück. Deshalb klöpple ich im Moment auch mit Lacegarn, und zwar von der Wollmeise. (Wichtig ist eine gute Strapazierfähigkeit des Garns; Singlegarne wie Malabrigo oder dergleichen bröseln beim Klöppeln auseinander. Ein gut gezwirntes, glattes Garn wie Wollmeise ist wesentlich besser geeignet.)

Meine Weste mit den Testnadeln ist heute fertig geworden, es ist nur noch ein Knopf anzunähen. Ich liefere bald ein Foto nach, vorab aber noch ein Wort zu des Testnadeln, den "Prym ergonomics". Die Jackennadeln haben noch ein Feature, das ich im letzten Eintrag vergessen habe zu erwähnen, nämlich das eingekerbte Ende:



Man kann hier die Spitze der einen Nadel in das stumpfe Ende der anderen Nadel einklipsen, so dass sich alles gut zusammenrollen lässt und garantiert keine Maschen wegrutschen. Ich bin sehr zufrieden mit diesen Nadeln. Sie verbiegen auch nicht, wie ich festgestellt habe. Beim Stricken krümmen sie sich schon ein wenig, nehmen aber sofort wieder die alte Form an - jedenfalls meine. Das Nadelspiel habe ich inzwischen auch in Gebrauch.

Donnerstag, 26. Januar 2017

Ich bin Produkttesterin

Die Firma Prym hat mich als Produkttesterin ausgelost und mir zu diesem Zweck einstweilen zwei Nadelsätze zugeschickt. Beide haben die Stärke 5 - für mich nicht ideal, da ich mit derart dicken Nadeln nur ausnahmsweise stricke, aber diesmal kam es wie gerufen. Ich wollte ja mein Designergarn aus dem letzten Eintrag auf die Nadeln nehmen.



Soweit habe ich nun schon gestrickt. Es soll eine Weste werden; wie im letzten Eintrag beschrieben, habe ich zwar 500 Gramm, aber da die Wolle so dick ist, wird es für eine Jacke mit Ärmeln nicht reichen.

Normalerweise stricke ich überhaupt nicht mit diesen Jackennadeln, die ich zum Testen bekommen habe. Man muss die Bewegungen beim Stricken schon ein wenig anpassen, so dass jeweils die Hand mit der Nadel, an der gerade weniger Gewicht hängt, die eigentliche Arbeit macht. Die Rundnadel habe ich leider noch nicht. Die Firma Prym hat sie angekündigt, aber wegen irgendwelcher Lieferschwierigkeiten dauert es noch etwas.

Abgesehen von dem lästigen Händling der Jackennadeln fnde ich die Formgebung dieser Nadeln sehr gut durchdacht.



Die Nadelspitzen sind tropfenförmig, was das Abstricken sehr erleichtert. Ich habe die Nadeln bisher nur bei diesem "Designergarn" eingesetzt, aber so ein gefachtes Garn aus in meinem Fall nicht weniger als acht Einzelfäden hat ja seinen schlechten Ruf zu Recht weg. Man braucht etwas Konzentration beim Stricken, aber die Nadelspitzen erleichtern es wirklich. Man kann problemlos einstechen und beim Führen des Fadens geht unterwegs nichts verloren.

Die Nadeln sind nach der tropfenförmigen Spitze erstmal rund und gehen dann in ein Dreikant-Profil über; die Maschen rutschen gut darüber weg. Das Material, als "High Performance-Kunststoff" beschrieben, ist leicht und ein wenig elastisch. Meine Nadeln haben bereits eine leichte Bogenform angenommen.

Das Nadelspiel habe ich noch nicht benutzt, werde es aber demnächst bei einer Mütze einsetzen.



Ich bin ein wenig gestresst ob der Forderung, dass die Firma Prym Fotos von mir sehen will. Wie ich beim Stricken aussehe. Soll ich mich wirklich mit Bollerhose und formlosem Pullover auf dem Sofa zeigen, neben mir die Weinflasche, Fernbedienung und das auf der Sofalehne abgelegte Buch?

Donnerstag, 12. Januar 2017

Gut abgehangen

Altlasten, Sorgenkinder, Wollkistenhüter ... alles wenig freundliche Bezeichnungen für Garne, die schon Ewigkeiten herumliegen. Ich nenne sie mal "gut abgehangene Wolle", denn es ist ja nicht so, dass ich diese Wolle nicht mag. Sonst würde ich sie verkaufen oder verschenken.

Eine extrem abgehangene Wolle (wenn auch nicht die älteste, die ich besitze, davon ein andermal) ist dieses gefachte Garn, ein sog. "Designergarn", die ich von einer Strickforenfreundin gekauft habe. Ich glaube, damals gab es Ravelry noch gar nicht. Jedenfalls habe ich diese Wolle erst vor ein paar Tagen aus der Versenkung hervorgeholt und in meinen Stash bei Ravelry aufgenommen.



Ich wollte irgendwann mal eine Jacke davon machen und habe, da ich fürchtete, dass das Garn nicht reicht, erst mal einen Ärmel gestrickt. Als überdimensionale Maschenprobe sozusagen. Dann habe ich Wolle in einer ähnlichen Farbe zur Ergänzung dazugekauft, was völliger Schwachsinn war, da sie zwar farblich, aber nicht in der Nadelstärke dazupasst. Es war sowieso eine Schnapsidee, dieses sehr besondere Garn irgendwie "ergänzen" zu wollen. Ich werde jetzt etwas daraus stricken, und zwar eine ärmellose Weste mit tiefem Ausschnitt. Dafür reicht es.

Bei der Aufnahme (Nerds nennen das "Einpflegen") in den Ravelry-Stash habe ich die Wolle mit der Feinwaage quantifiziert: Es sind reichlich 500 Gramm mit der Lauflänge 150 Meter / 100 Gramm. Ich stricke mit Nadelstärke 5; 17 Maschen sind 10 cm breit in glatt rechts - das weiß ich noch von dem Ärmel, den ich wieder aufgeribbelt habe. In den nächsten Tagen starte ich mit der Weste.


Noch ein Garn, das auf gutem Weg war, in Winterschlaf zu verfallen: die schöne Knäuelwolle aus Chinchero. In diesem Eintrag habe ich bereits berichtet, dass die Wolle zum Weben bestimmt war und vermutlich zu diesem Zweck total überdrallt wurde. Zum Stricken war sie in dieser Form ungeeignet; das Garn fühlte sich an wie Paketschnur und bildete ungezügelte Kringel. Ich habe also die Wolle komplett rückwärts durchs Spinnrad geschickt. Auf den ersten Blick sah das aus, als brächte es nichts. Der abgehaspelte Strang sah so aus:



Nach einem ausgiebigen Entspannungsbad und Ausklopfen auf dem Balkon ist die Wolle jedoch schön glatt getrocknet. Natürlich ist sie jetzt sehr ungleichmäßig gezwirnt, aber das macht nichts, das Strickbild ist einwandfrei. Ich stricke auch aus diesem Garn eine Weste, die ich über langen Blusen und Tuniken tragen möchte. Für ein Teil mit Ärmeln reicht die Wolle nicht, aber für eine Weste geht es gut aus.
In den 80er Jahren habe ich mal einen Pullover (in der damals modischen überweiten Kastenform) in Schwarz und Rot gestrickt, in einem Hebemaschenmuster aus einem Nicole-Heft. Das Muster hatte nur zwei Rapporte pro Leibteil und schrägelte musterbedingt erheblich, was aber im Tragen nichts ausmachte, es sah sogar recht witzig aus. Dieses Muster lege ich nun neu auf. Hier der Anstrick. Inzwischen ist das Teil ca. 25 cm hoch und hat auch ein Bündchen im zweifarbigen Rippenmuster.



Man sieht noch nicht viel, aber das Prinzip ist zu erkennen: Es wird jeweils mit nur einer Farbe gestrickt; abwechselnd zwei Runden hellblau und vier Runden schwarz. In der ersten hellblauen Runde lässt man in bestimmten Abständen eine Masche fallen bis zur vorhergehenden letzten hellblauen Runde und zieht diese blaue Masche hoch, um sie mit den vier schwarzen Querfäden abzustricken. Der Witz dabei ist, dass das ganze Muster - also die jeweils fallengelassenen Masche - in jedem Mustersatz um eine Masche nach rechts versetzt wird. Das Muster schraubt sich also gewissermaßen um das Strickteil herum; daher der "Schrägeleffekt". Es beult auch ein wenig, aber nicht sehr, da ich schön locker stricke (muss man bei dieser Technik auch). Ich weiß noch nicht recht, wie ich den Ausschnitt machen soll. Auf jeden Fall soll es ein weiter Ausschnitt sein, weil ich mir gern eine türkisfarbene Bluse mit Stickerei vorne um die Knopfleiste herum nähen möchte (den Stoff habe ich schon). Die Stickerei sollte schon ein wenig zu sehen sein, auch wenn ich die Weste über der Bluse trage. Vielleicht mache ich einen tiefen, weiten Ausschnitt mit einem schlichten Rollrand.


Fertig: das Mexikotuch

Ich konnte Lanarta vor einer Weile mit ein paar Lochkarten für die Strickmaschine (die ich doppelt hatte) aushelfen; zum Dank dafür hat sie mir netterweise diese wunderschöne Anleitung geschenkt: Mayan Garden (Ravelry-Link). Das Tuch ist sehr kreativ gestaltet, mit einer außergewöhnlichen Fülle von verschiedenen Musterelementen, und sieht auf den Projektfotos bei Ravelry herrlich aus. Leider ist es - durch meine eigene Schuld - nicht so geworden, wie ich es mir vorgestellt habe; vor allem ist es mit 150 mal 60 cm für meine Verhältnisse zu klein. Das hätte ich mir natürlich denken können, denn die Anleitung sieht Sockenwolle vor, und ich habe Wollmeise Lace genommen (von der ich nun noch ein dickes Knäuel über habe), aber was solls. Das Tuch ist dünn und fein, die eher kleine Größe prädestiniert es zum Sommertuch. Ich werde es erst mal liegen lassen und schauen, wie es sich in der wärmeren Jahreszeit bewährt. Über dem Mantel kommt es nicht zur Geltung, aber vielleicht über den nackten Schultern ...


Design: Kitman Figueroa

Ich habe mich geärgert, aber jetzt nicht mehr. Ist halt so. Große Tücher habe ich ja genug und aus dem Rest Lace mache ich dann halt ein Top oder was anderes.

Montag, 2. Januar 2017

Tauschprojekte - Bilanz

Immer am Jahresende stricke ich Sachen für andere, meistens für irgendwelche Tauschgeschäfte. Ich weiß nicht, warum das so ist. Diesmal lag es jedenfalls nicht daran, dass ich mich auf Facebook erboten hätte, bunte Stulpen zu stricken - das hat mir nämlich im letzten Jahr mehr Aufträge beschert, als ich eigentlich bequem schaffen konnte (wenn ich mich auch über jeden einzelnen gefreut und alle getreulich erfüllt habe). Diesmal wollte ich es langsamer angehen lassen, zumal ich im November einen ganzen Stapel Loops für den Markt gestrickt habe, wie man hier und hier nachlesen kann.

Von den zehn Loops wurden sechs direkt verkauft (was ich für eine ganz gute Bilanz halte) und weitere zwei habe ich inzwischen gegen schöne Wolle vertauscht; zu haben sind noch der Pinke und der Schrille. Wenn sie jemand haben möchte, einfach bei mir melden. Ich würde sie verkaufen oder wie gesagt auch gegen Wolle tauschen.

Meine Safarimütze hat mir einen kleinen Strickauftrag eingebracht, eine Fairisle-Mütze nach einer Anleitung aus der Knitty. Das Muster heißt Ogiku. Ich bekam von der Auftraggeberin einen Karton Sockenwollreste, die farblich zu ihrer Wintergarderobe passen sollten. Die Anleitung sieht vor, dass sowohl die Haupt- als auch die Nebenfarbe alle paar Reihen gewechselt werden sollen, aber nie beide zur gleichen Zeit, so dass wenigstens an keiner Stelle gleich zwei neue Fäden anzusetzen sind. Trotzdem sind am Ende unglaublich viele Fäden zu vernähen. Man kann natürlich einen Teil davon auch einweben, aber wenn ich die Mütze noch einmal stricke, würde ich auf jeden Fall die Hälfte der Fäden an der gegenüber liegenden Mützenseite wechseln, also in der Rundenmitte. Leider habe ich bei dieser Mütze nicht durchgehend daran gedacht.

Der Effekt dieser reichen Farbskala ist aber herrlich und lohnt die Mühe absolut. Hier eine Draufsicht, über einen Teller gespannt.



Und hier der Puppenkopf mit der fertigen Mütze, die eine schöne Barettform hat (und deshalb auch mir stehen würde).


Design: Sarah Mombert

Ich habe schöne Wolle im Tausch bekommen und danke nochmals für den Auftrag. Die Mütze wird bestimmt noch ein zweites Mal gestrickt.


Projekte fürs Wanderpaket

Das Kreativ-Wanderpaket ist auf seiner Runde - der siebzehnten, wenn ich es richtig behalten habe - auch mal wieder bei mir vorbeigekommen. Meine Erwartungen waren etwas heruntergeschraubt. Den Auskünften meiner Vor-Empfängerinnen nach war nur wenig Genähtes drin, auch nur wenige Fasern oder handgefärbte Wolle; die liebe Martina, die immer so schönen Schmuck macht, hatte das Paket an sich vorbeiziehen lassen und Seife gab es auch nicht. Vielmehr hieß es, das Paket sei hauptsächlich mit Stricksachen voll - und die nehme ich meistens nicht; Stricken kann ich ja selbst.
Trotzdem habe ich diesmal etwas Gestricktes genommen, nämlich einen ganz wunderschönen, großen und breiten Schal in leuchtendem Weiß mit Aranzöpfen. Meine Tochter liebt klassische weiße Sachen und war begeistert, als ich ihr den Schal zu Weihnachten schenkte. Auch etwas handgesponnene Wolle habe ich entnommen - natürlich kann ich auch selbst spinnen, aber so dicke Wolle nur selten.

Aufgefüllt habe ich, wie immer, mit Handschuhen. Unter anderem mit einem Paar "Maurerstulpen" aus 6fach-Sockenwolle. Ich nenne sie so, weil das Muster an eine Backsteinwand erinnert.

Bei Ravelry wurde ich prompt gefragt, wie man das strickt, und habe eine kleine Anleitung erstellt, die ich hier hereinkopiere. Rein vorsorglich - ich bin keine geübte Anleitungsschreiberin und kann nicht für Fehlerfreiheit garantieren.


Design: meins


Mauererstulpen-Rezept

Grundmuster: Maschenzahl teilbar durch 6.
In Farbe 1 (hier hellgrau) eine Runde rechte Maschen und eine Runde linke Maschen stricken.
Dann * in Farbe 2 (hier rot) 4 Runden rechte Maschen stricken. Dabei jede 6. Masche nicht stricken, sondern die darunterliegende Masche in Farbe 1 abheben.
In Farbe 1 eine Runde rechte Maschen stricken, auch die bis dahin jeweils abgehobenen Maschen. Dann noch eine Runde linke Maschen in Farbe 1 stricken.
Ab * wiederholen.

Anschlag für die Stulpen 54 Maschen in Farbe 2. 12 Runden 1re/1li Bündchen stricken, dann mit dem Grundmuster beginnen.
Beliebig viele Mustersätze stricken - bei mir sind es nur zwei (der Wollrest war klein), man kann auch mehr stricken.
Mit dem Daumen an beliebiger Stelle beginnen, und zwar in einer der 4 Reihen in Farbe 2 (hier rot). Vor und nach der 4. roten Masche des Mustersatzes 1 Masche aus dem Querdraht herausstricken. Am besten vor und nach der Zunahme einen Markierer einhängen.
Im Muster weiterstricken, in der dritten darauffolgenden Reihe hinter dem ersten Markierer und vor dem zweiten Markierer wieder eine Masche zunehmen und dann genauso weiter in jeder dritten Reihe, so dass jedes Mal 2 Maschen dazukommen. Die Maschen zwischen den Markierern nicht im Grundmuster stricken, sondern einfach 2 Reihen Farbe 1, 4 Reihen Farbe 2, immer glatt rechts.
Sobald 17 Maschen zwischen den Markierern liegen, diese auf zwei Sicherheitsnadeln stillegen, die Markierer entfernen und für die still gelegten Maschen 4 Maschen zusätzlich anschlagen (zur Überbrückung der Lücke), diese dann in den darauf folgenden zwei Reihen wieder abnehmen, so dass normal im Grundmuster weitergestrickt werden kann. Haben die Stulpen die gewünschte Höhe erreicht, wieder ein Bündchen anstricken und den Faden abschneiden.
Die stillgelegten Maschen auf zwei Nadeln nehmen, aus dem Anschlag in der “Lücke” 4 Maschen herausstricken und über diese 21 Maschen ein paar Runden glatt rechts stricken, dann locker abketten. Fäden vernähen. Fertig. Die zweite Stulpe wird ebenso gestrickt.

Falls das jemand nachstricken möchte und Fragen hat oder Fehler findet, bitte mich benachrichtigen!

Und nun hat die Tauscherei ein Ende und ich stricke wieder für mich bzw. die Familie. Vor allem habe ich wieder mit Spinnen begonnen. Das habe ich nämlich sträflich vernachlässigt in den letzten Monaten - keine Ahnung warum. Mir steht mein Faserstash bis zum Hals, da muss dringend was passieren ...

Montag, 12. Dezember 2016

Voll daneben

Ich wollte hier in Zukunft alle Arbeitsschritte festhalten, auch diejenigen, die voll in die falsche Richtung steuern. Deshalb hier wenigstens in aller Kürze das Protokoll eines Reinfalls. Aber insgesamt gesehen hatte ich wohl noch Glück, weil ich es wenigstens frühzeitig gemerkt habe.

Mit dem bunten Tuch (siehe vorherigen Eintrag) hat es ja bestens geklappt. Deshalb plante ich gleich ein zweites, und das Material dafür sollte meine Babyalpaca sein. Diese Wolle habe ich im letzten Jahr in LaPaz gekauft. Der Hersteller bietet normalerweise nur Konfektion aus Alpacawolle an; das Strickgarn konnte ich auf der HP nicht finden.



Die fünf runden Knäuel links sind die aus Bolivien. Es sind genau die fünf Knäuel, die im Laden lagen. In so einer Situation achtet man nicht auf zusammenpassende Farben. Ich habe einfach den Bestand gekauft. Die Wolle ist sagenhaft weich und angenehm im Griff. Eine Lauflängenangabe fehlt auf der Banderole, aber die Wolle hat jedenfalls Sockenwollstärke.

Ich wollte ursprünglich eine Jacke machen und kaufte deshalb im Herbst die hellen Drops-Knäuel rechts dazu - war ein Sonderangebot. Das Garn ist mit 180 m auf 50 gr etwas dicker. Die bunte Wolle, die oben liegt, ist ein altes Restknäuel, auch Alpaca. Ich habe es vor Jahren mal mit KoolAid gefärbt.

Mit diesem Vorrat - insgesamt über 600 Gramm - sollte sich was Nettes machen lassen. Ich hatte so halbwegs Pläne für eine Jacke gemacht, obwohl ich die wahrscheinlich kaum tragen werde, weil Alpaca so furchtbar warm ist, aber manchmal kann man's doch brauchen. (Und wann habe ich mich je gefragt, ob ich etwas Selbstgestricktes wirklich BRAUCHE oder nicht?) Neuerdings habe ich mir aber auch überlegt, ein Tuch daraus zu stricken. Die Drops würde ich dann weglassen und das Tuch als Erinnerung an LaPaz ansehen.

Lasse ich die Drops weg, habe ich von jeder Farbe genau gleich viel. Das erschwert die Wahl des Musters. Beim Wälzen der Mustervorlagen stieß ich auf ein sehr interessantes Muster in dem Buch "Norsk Strikkedesign". Es stammt von Betty Hermansen und stellt Kringel dar, die erstens in entgegengesetzte Richtungen laufen und zweitens unterschiedliche Farben haben. Der Rapport war 28 Maschen breit und ich war zuversichtlich, ihn mit etwas Gebastel auf 24 Maschen - die Lochkartenbreite - stauchen zu können. Also vertiefte ich mich in das Muster und versuchte, eine Vorlage für die Lochkarte zu erstellen.



Nach sehr viel Herumprobieren - ich übertreibe jetzt definitiv nicht, es waren mehrere Stunden - hatte ich das Prinzip begriffen: Es gibt nur zwei verschiedene Arten von Kringeln. Jeder Kringel ist die Spiegelung des darunter liegenden Kringels. Überdies wechselt die Farbgebung: Die Hintergrundfarbe jedes Kringels wird beim darüber liegenden Kringel zur Vordergrundfarbe und es kommt eine neue Farbe als Hintergrundfarbe dazu.

Mir erschien dieses Muster mit den gegenläufigen Kringeln sehr passend. Denn in LaPaz gibt es tatsächlich am Regierungsgebäude eine Uhr, die rückwärts läuft. Unser Guide in Bolivien, ein sehr netter Herr namens Rodriges, der in Deutschland Literatur und Politik studiert hatte (seine Mutter war wegen politischer Verfolgung von Bolivien nach Deutschland geflohen), meinte, man könne vermutlich ein Vermögen verdienen, wenn man solche Uhren als Souvenir anböte. Ich weiß nicht, warum er es nicht selbst versucht hat. (Und ich habe selten einen Menschen getroffen, der bewusst und selbstironisch einen derart breiten Spagat zwischen zwei Kulturen macht.)

Kurz und schlecht, ich kapierte irgendwann das Muster, beschloss, das Tuch "reloj curioso" (= komische Uhr) zu nennen und stanzte die Lochkarte. Ich machte mir einen schnellen Plan, welche Farbe wann Hintergrund- und wann Vordergrundfarbe sein sollte, und strickte drauflos. Vorher setzte ich sogar noch ein paar neue Nadeln ein, denn ich wollte das Tuch so groß wie möglich (200 Nadeln maximale Breite) stricken und mir fehlten ein paar Nadeln an den Rändern.

Ich hatte mit Feuereifer ein kleines Dreieck gestrickt, als mir irgendwann aufging, dass ich am linken Rand (der später die Oberkante des Tuchs wird) ein halbes Muster hatte. Mist, das hatte ich mir nicht richtig überlegt. Unten an der Spitze würde das nichts ausmachen, aber oben, über die volle Breite, wollte ich das nicht. Ein Glück, das mir das relativ früh eingefallen war und nicht erst in der Mitte der Arbeit. Ich nahm mein Dreieck von der Maschine, drehte es um und guckte es erst mal kritisch an.



Ich habe es hier aufgenadelt. Also, das geht gar nicht. Dieses Muster über ein ganzes großes Tuch - nein, es wäre schön gewesen, weil es so gut zu der irren Uhr in LaPaz gepasst hätte, aber es geht überhaupt nicht, unmöglich, rein gar nicht. Und so werde ich das Eckchen wieder ribbeln und nun wahrscheinlich doch eine Jacke stricken. Auch, wenn sie eigentlich viel zu warm ist und so gut wie nie gebraucht wird. Aber wann hätte ich mich je gefragt, ob ich etwas Selbstgestricktes brauche?

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