Ohne Anleitung



Ich war zwei Wochen unterwegs - ein zweites Mal in Afrika, diesmal unter anderen in zwei der bekanntesten Naturparks, dem Krügerpark (Südafrika) und dem Chobe River Park (Botswana). Da ich von vornherein wusste, dass die Reise anstrengend wird - man wird in diesen Park-Lodges um fünf Uhr früh aus dem Schlaf gerissen, da die Morgensafari um sechs beginnt -, hatte ich nicht viel zum Stricken dabei, nur mein bewährtes flugzeuggeeignetes Täschchen mit Sockenwolle und Holznadelspiel. Im Flugzeug stricke ich zwar nicht, aber für die Wartezeiten am Gate brauche ich dringend eine kleine Strickarbeit. Meistens sind es Handschuhe.

Auch diesmal sollten es eigentlich Handschuhe werden, aber nach der Ankunft im Krügerpark habe ich mich für eine Mütze entschieden. Man glaubt nicht, wie eiskalt es an einem Oktobermorgen um sechs im Krügerpark sein kann - zumal wenn man oben auf dem Geländewagen sitzt! Nun hatte ich für eine Mütze keine Vorlage und auch keine rechte Ahnung, wieviele Maschen ich brauche, aber ich hatte eine dünne Baumwollmütze in Tam-Form dabei - die Form, die mir am besten steht - und konnte daran wenigstens die erforderliche Größe abnehmen. Als Mustervorbild nahm ich, da ich nichts anderes hatte, meine im letzten Jahr genähte Bluse mit Perlhühnern und Federn. Das ist übrigens ein in Südafrika oft gesehenes Stoffmuster.



Der Einfachheit halber startete ich oben in der Mitte mit 8 Maschen und nahm, so lange ich in der Grundfarbe Wollweiß strickte, sehr schnell zu, bis ich genug Maschen hatte, um die Arbeit in acht Segmente unterteilen zu können. Dann begann ich mit dem Einstrickmuster und versuchte, so gut es ging, die Federn nachzustricken. Das war nicht schwer; es ist egal, was man macht, man muss nur acht Mal dasselbe machen. Zunahmen gab es in jeder dritten Runde, und zwar jeweils zwei Maschen pro Segment, also insgesamt 16 in der Runde. Als ich mit den Federn fertig war, hatte die Mütze praktischerweise auch gerade die richtige Größe erreicht und ich hatte insgesamt 272 Maschen (34 pro Segment) auf 6 Nadeln verteilt. Ich benutzte immer noch die Holznadeln, eine Rundnadel hatte ich nicht dabei.
Wie viele Maschen musste ich nun abnehmen, damit die Mütze nachher glatt um den Kopf sitzt? Ich hatte nur eine ungefähre Ahnung. Für eine Baumwollmütze, die ich meiner Tochter kurz vorher gestrickt hatte, hatte ich mit 140 Maschen begonnen, allerdings in einem 1:1-Rippenmuster mit Nadeln Nr.2 und rechts verschränkten Maschen. Für meine eigene Mütze wünschte ich mit ein zweifarbiges Rippenbündchen, und durch 8 teilbar musste die Zahl der Bündchenmaschen sein, damit ich die Abnahmen wieder gut auf die 8 Segmente verteilen konnte. Ich entschloss mich, auf 136 Maschen abzunehmen und dann einen Rippenbund zu stricken. Vielleicht hätte ich den Bund etwas breiter machen sollen - zum Schluss war ich recht ungeduldig und wollte fertig werden. Die Arbeit an der Mütze dauerte ganze drei Tage, obwohl ich nur in den Mittagspausen stricken konnte; abends war ich zu müde.
Die Mütze passte zum Glück dann sehr gut. An dem Perückenkopf sitzt sie lose, weil er kleiner ist als mein eigener; bei mir liegt das Bündchen straff um den Kopf.
Wichtig war natürlich am Schluss eine Abkettmethode, die gute Elastizität garantiert. Ich wendete die Methode nach Cat Bordhi an, indem ich vor jeder Masche, die ich abstrickte, einen Umschlag machte und diesen dann zusammen mit der Masche abkettete.




Ich saß beim Stricken meist auf einer Außenterrasse ca. 20 Meter von einem künstlich angelegten Wasserloch entfernt und staunte nicht schlecht, als ich einmal von der Strickerei aufschaute und am Wasserloch einen Riesenelefanten stehen sah. Ich hatte ihn nicht kommen gehört. Die Lautlosigkeit, mit der sich Elefanten bewegen, hat mich immer wieder erstaunt.

Ein paar Tage später war ich in Botswana dem gleichen Tagesplan unterworfen und begann in der Mittagspause mit meiner zweiten Strickarbeit. Diesmal sollten es aber wirklich Handschuhe werden. Wieder hatte ich keine Vorlage dafür und dachte mir irgendwas aus. Ein wenig erinnert es an Leopardenflecken.
Die Maschenzahlen für Handschuhe habe ich immerhin im Kopf: Mit 60 Maschen starten, in der gewünschten Höhe eine Masche als Mittelmasche des Daumenspickels markieren, links und rechts dieser markierten Masche in jeder dritten Reihe 1 Masche zunehmen, bis 19 Maschen erreicht sind, dann diese 19 Maschen stillegen, zur Überbrückung der Lücke 5 Maschen zusätzlich anschlagen (die in den nächsten drei Reihen wieder abgenommen werden) und den Handschuh fertig stricken. Da ich vorher nie weiß, ob ich die Handschuhe behalten oder vertauschen werde, stricke ich sie fingerlos, dann passen sie den meisten Frauen. Sie sind zwar nicht im Urlaub fertig geworden, aber jetzt ist es eine Sache von wenigen Abenden.
In der Lodge in Botswana hat sich eine der Mitarbeiterinnen zu mir gesetzt und wollte, dass ich ihr das Stricken mit dem Nadelspiel zeige. Sie hatte so etwas nie vorher gesehen. Ich fragte, ob in Botswana gestrickt würde - ja, sagte sie, aber nicht mit so dünner Wolle, wie ich sie hätte; es gäbe nur dicke Wolle zu kaufen. Im Gegensatz zum Krügerpark war es in Botswana nie kühler als (geschätzt) 27 Grad; kann sein, dass ich mich täusche, da es wegen der Nähe zum Chobe River eher feuchtheiß war - ich konnte mir den Einsatz dicker Wolle in diesem Klima kaum vorstellen, aber wenn es tüchtig regnet, wird es vielleicht schon mal kalt.



Es hat mich in den Unterkünften in Südafrika oft ein wenig geärgert, dass überall, wo man hinkommt, der Chef ein Weißer ist und das Personal farbig. Diese Lodge in Botswana bot ein anderes Bild: restlos alles fest in der Hand schwarzer Frauen. Hurra! Nur die Fahrer und ein paar Gärtner waren männlich. Auch in der Küche residierte mit großem Selbstbewusstsein eine dunkelhäutige Dame. Phantastisch (mein kneifender Hosenbund bestätigt das).

Mein Lieblingsbild vom Chobe River: ein (laut Meinung des Guide) wenige Tage altes Elefantenbaby bei der Mutter. "Happy and free!", so der Guide.

Wohnsitze





annarinnschad [at] gmx [dot] de

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