Montag, 27. April 2015

Frau und Schuhe

Ich bin (abgesehen von Wolle) keine große Einkäuferin und mein Schuhkauffrequenz ist durchaus im Rahmen. Dass ich trotzdem eine Menge Schuhe besitze, liegt daran, dass ich sie sehr, sehr lange trage. Eigentlich bis sie auseinanderfallen. Und das ist wörtlich gemeint: Ich kann mich an einen Besuch in Frankfurt erinnern, es war Mainuferfest und ich graste die Bouquinistenstände ab, und meine Schuhsohlen bröselten einfach auseinander! Der Gummi löste sich in Stücken ab, und ehe ich alle Bücherstände durchgesehen hatte, ging ich quasi auf den Felgen.

Langer Rede kurzer Sinn, ich zeige hier mein (glaube ich) derzeit ältestes Paar Schuhe, das zugleich mein Lieblingspaar ist. Da kann übrigens nichts passieren, die Schuhe sind schon zweimal neu besohlt worden. Ich fürchte nur, dass irgendwann das Oberleder reißt.



Ich trage es immer dann, wenn ich etwas Besonderes vorhabe; egal ob es ein Opernbesuch ist, eine Lesung oder einfach ein schönes Essengehen mit Töchtern. In den Urlaub zum Beispiel nehme ich die Schuhe nicht mehr mit, sie werden geschont und sorgfältig gepflegt. Ich habe sie 1988 gekauft. Das weiß ich noch genau, weil meine 1987 geborene ältere Tochter aus diesem Anlass ihr erstes Paar Winterstiefelchen bekam.

Mittlerweile ist Tochter groß und steht längst, um im Bild zu bleiben, auf eigenen Füßen. Aber die Schuhe verdienen so langsam, einen Nachfolger zu bekommen. Ich habe bei Ravelry und bei Facebook gefragt, wo ich ein ähnliches Paar bekommen könnte, aber es ist ziemlich aussichtslos, zumal ich schwierige Füße habe und unbedingt eine vernünftige Rücksendungsoption brauche, falls die Treter dann doch nicht passen. Na gut, morgen tritt trotz allem der Bestellfinger in Aktion. Die gezeigten Schuhe werde ich trotzdem weiter tragen.


Gestrickt habe ich auch, man denke! Hier mein neues Werk, das Top Rosengarten, gestrickt nach einer Vorlage aus einem Knitter-Heft. Im Viereck natürlich und mit einer Wolle-Seidenmischung.


Design: Sarah Hatton

Es hat eine Farbstellung, die ich im Grunde meide, aber wenn ich halbwegs gebräunt bin wie jetzt (nach eineinhalb Wochen Wanderurlaub auf Malle), kann ich die Farbe schon tragen. Obendrein muss was Kontrastfarbenes drunter, ich nehme am liebsten Schwarz.

Und nun möchte ich gern noch eine Parade zeigen, meine Sammlung von 80er-Pullovern nämlich. Alle werden noch immer getragen.

Zunächst hier der Weiße:



Den wollte meine Tochter gern haben, die Größe 34 trägt, und obwohl ich, als ich diesen Pullover strickte, weit schlanker war als jetzt, ist er von Größe 34 weit entfernt. Nach der Mode der 80er dürfte er sogar annähernd 120 cm Brustweite haben. Ich habe mich auf Wunsch meiner Tochter damit begnügt, die Ärmel abzunähen. Das ging so:



Ärmel raustrennen, enger nähen und mit dem Rollschneider die überschüssige Weite einfach wegschneiden. Es kostet etwas Überwindung, aber die Naht hält bombenfest und Tochter trägt das Teil sehr gerne.

Dieser Pullover ist, wie auch der Weiße, nach einer Vorlage aus einem Constanze-Heft gestrickt:



Das verwendete Material (Baumwolle, wahrscheinlich von Rödel) ist immer noch schön trotz unzähliger Maschinenwäschen. Ich mag die Form mit den überschnittenen Schultern inzwischen nicht mehr und trage den Pulli nur selten, aber hin und wieder halt doch.

Dieses Modell dürfte aus der Brigitte stammen - könnte aber auch die Verena gewesen sein:



Auch hier habe ich die Ärmel enger genäht und vor allem die plusterigen Ärmelbündchen abgetrennt. Der Pullover ist wahrscheinlich in Größe 38/40 gestrickt (das war damals meine Größe) und hat 120 cm Brustweite. Das war die damalige Mode. (Die Hüftweite beträgt allerdings nur 110 cm.)

Und nun der letzte Pullover, den ich "Mexikopullover" nenne.

An das Material knüpfe ich eine schöne Erinnerung. Es gab damals in der Nähe von Gießen (wo ich wohnte) auf dem Land einen ganz kleinen Woll-Laden, der markenfreie Wolle in Riesensträngen anbot. Es gab nur wenige verschiedene Qualitäten, aber jede Qualität in großer Farbauswahl. Man konnte sich vom Riesenknäuel bis zum Ministrängchen jede gewünschte Menge spulen lassen. Nachher wurde einfach alles in eine Tüte gepackt und auf die Waage gelegt. Ich kaufte Unmengen von Kidmohair und strickte zwei Pullover. Der eine ist leider nicht mehr da, der andere - nach einer Vorlage aus der Constanze - wird immer noch getragen. Auch dieser Pullover wurde zigmal in der Maschine gewaschen und ist immer noch farbstark und angenehm flauschig. Der Uboot-Ausschnitt ist überhaupt nicht mehr mein Fall, aber da er sehr locker sitzt, kann ich ihn tragen ohne zu würgen.



Ich würde was drum geben, wenn ich heute noch einen solchen Laden finden könnte. Mein Wollbudget war sehr schmal und wenn ich derart viel Wolle gekauft habe, muss sie günstig gewesen sein. Heute bin ich nicht mehr so auf Billigheimer angewiesen wie damals, aber das Prinzip "gewünscht Menge gespult und gewogen" in KOmbination mit großem Farbangebot gefällt mir.
Ich hatte außerdem noch Dochtwolle für zwei dicke Pullover gekauft, einen davon (in Dunkelrot) allerdings schon kurze Zeit später an meine beste Freundin verschenkt. Den anderen besitze ich noch; es war mal ein Mottenloch drin, aber das habe ich geflickt. Ich trage ihn gar nicht mehr, weil er mir viel zu dick ist und obendrein kratzig - ein reiner Outdoorer also.

Um zum Eingangsthema zurückzukommen: Ich zeige hier ein Foto, das vor ein paar Jahren in Paris aufgenommen wurde, als ich dort bei einer zweisprachigen Lesung mitwirken durfte. Ich stehe in der Mitte, erkennbar an meinem lila Kaschmirtuch - und trage selbstverständlich die oben gezeigten Schuhe.



Hoffentlich halten sie noch lange. Es sind Schuhe für Füße, die laufen wollen. Letzten Sonntag bin ich in Leipzig wohl zehn Kilometer damit gelaufen - von der Wohnung meiner Tochter zum Restaurant und wieder zurück. Ich laufe sehr gerne, und entsprechend müssen meine Schuhe sein.

Wohnsitze





annarinnschad [at] gmx [dot] de

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